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7 Tipps für Lesungen 

 14. September 2022

Nach mittlerweile fünf Lesungen habe ich eine Liste mit sieben nicht immer ganz offensichtlichen Tipps für Lesungen zusammengestellt, die Dir helfen sollen, Dein Publikum zu finden und zu begeistern.

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Tipp 1: E-Mail-Abbinder nutzen

Das klingt erst einmal seltsam als Tipp für eine Lesung, aber es ist tatsächlich so, dass der Hinweis auf meine Bücher am Ende jeder meiner E-Mails ausschlaggebend für eine Anfrage nach einer Autorenlesung Anfang September war. Die Adressatin meiner E-Mail leitet nämlich eine Gemeindebibliothek und fragte mich umgehend, ob ich nicht Lust auf eine Lesung bei ihr hätte.

Tipp 2: Eintritt nein, Honorar ja

Wenn man Dir für eine Lesung nichts bezahlen will – nach dem Motto: „Aber das ist doch Werbung für Sie!?“ / „Nein, dafür haben wir kein Geld.“ –, dann bitte darum, dass, ähnlich wie bei Straßenkünstlern, ein Hut oder Kasten aufgestellt wird, in den die Besucher der Lesung am Ende einen Betrag einwerfen können, der ihnen angemessen erscheint.

Dadurch kommst Du wahrscheinlich auch nicht auf das vom Schriftstellerverband VS empfohlene Honorar von 500 € (plus MWSt plus Spesen) für eine Autorenlesung, aber es ist zumindest besser als mit ganz leeren Händen nach Hause zu gehen, nachdem Du einige Stunden in die Vorbereitung und Durchführung der Lesung gesteckt hast.

Tipp 3: Keine Angst vor kleinen Orten

Ich habe schon auf der Buchmesse in Mainz und mehrmals in der Stadtbibliothek und bei Kulturveranstaltungen in Landshut gelesen, aber nirgendwo war das Publikum bisher so zahlreich und lebhaft interessiert wie bei meiner Lesung im 100-Seelen-Ort Töpeln am 2. September 2022.

Woran lag es? Wer weiß. Ich denke aber, es gibt drei Gründe:

  • die lange Corona-bedingten Pause und die Tatsache, dass das kulturelle Angebot auf dem Land im Vergleich zu Städten im Allgemeinen viel geringer ist
  • die fehlende Übersättigung mit den digitalen Versuchungen des hektischen Großstadtalltags und ein höheres Interesse am realen Leben mit seinen Autoren und Büchern
  • das familiäre Umfeld, gerade unter Gleichgesinnten, wo (fast) jeder jeden kennt, und die damit einhergehende niedrige Hemmschwelle, vor den anderen Teilnehmern Fragen zu stellen

Mit insgesamt zweiundzwanzig Teilnehmern plus Hund war die Lesung in Töpeln auf jeden Fall die meistbesuchte, längste und interaktivste Lesung, die ich bis jetzt gehalten habe.

Tipp 4: Die üblichen Verdächtigen

Jeder, der schon einmal öffentlich gelesen hat, kennt die folgenden Standardtipps für Lesungen: Langsam und laut lesen. Pausen machen. Beim Lesen immer wieder das Publikum anschauen. Ganz wichtig auch: Nicht zu lange am Stück lesen, gerade wenn Du nicht gerne oder unsicher vorliest. Ich versuche, nie mehr als drei oder vier Seiten, also etwa sechs Minuten, keinesfalls aber mehr als acht Minuten ohne Unterbrechung zu lesen.

Selbst wenn Du eine längere Stelle hast, die Du vorlesen möchtest, kannst Du sie zwischendurch immer mal durch Kommentare oder Erzählen auflockern, etwa Anekdoten beim Schreiben, Spannendes aus der Recherche, Interessantes zu den Charakteren oder bestimmte thematische Aspekte in der Lesestelle. 

Bei Textstellen, die nicht zusammenhängen, solltest Du natürlich immer die Szene in ihren Kontext einbetten, damit die Zuhörer Dir folgen können. Erkläre nur kurz, was vorher geschieht, aber verrate nicht zu viel, damit Dein Publikum neugierig auf den Rest des Buches bleibt.

Siehe auch Tipp 6 dazu, wie Du Deine Textstellen auswählst.

Tipp 5: Wo gehören Deine Bücher hin?

Ganz wichtig, gerade wenn die eigene Berühmtheit noch auf sich warten lässt und die Leute noch nicht wissen, was sie bei Deinen Texten erwartet und ob sie ihnen gefallen könnten, ist eine Einordnung Deiner Bücher innerhalb ihres Genres bzw. der Literaturwelt.

Dazu kannst Du Bücher anführen, die eine ähnliche Geschichte erzählen oder eine ähnliche Hauptfigur haben – wobei man sich nicht scheuen sollte, sein Buch gleichzeitig abzugrenzen! Bei Der Krieger des Königs wäre das bei mir etwa der Ansatz: „Wie Uhtred, aber lokaler und mit weniger Blut“. Unzählige Fortsetzungen und Serien beweisen, dass die Leute gerne immer wieder dasselbe mögen, solange es neu oder anders erzählt wird.

Eine andere Vergleichsmöglichkeit wären Autoren, die ähnlich oder Ähnliches schreiben. Für Der Krieger des Königs wären das beispielsweise vor allem englische Autoren wie Bernard Cornwell, Matthew Harffy und James Aitcheson. Wer Familiensagas oder historische Romane mit weiblichen Hauptfiguren schreibt, hat da auf dem deutschen Markt schon ein wenig mehr heimische Auswahl.

Tipp 6: Auswahl der Textstellen

Sei mutig und experimentierfreudig! Den Anfang des Buches kann man ohnehin in jedem Buchladen online und offline lesen – warum solltest Du ihn also noch einmal in einer Lesung durchkauen, wenn Du den Leuten doch einen viel besseren, persönlichen und insbesondere exklusiven (!) Einblick ins eigene Buch geben kannst? Ansonsten hätten sie sich den Gang zur Lesung doch sparen können.

Sollst Du also einfach wahllos irgendwelche Szenen herausgreifen? Natürlich kannst Du besonders spannende oder lustige Szenen vorlesen, aber für das Publikum am leichtesten verständlich finde ich es, wenn Du alles unter einem bestimmten Aspekt oder Thema beleuchtest. Dann hast Du auch gleich einen roten Faden, an dem Du Dich während Deiner Lesung entlanghangeln und zwischen Lesen und Erzählen ohne abrupte Übergänge wechseln kannst.

Jede meiner Lesungen war bis jetzt anders, mit anderen Schwerpunkten und anderen Abschnitten, die ich vorlese. Beispielsweise habe ich anlässlich der Woche der Bibliotheken im Oktober 2019 nur solche Textstellen ausgewählt, die zum Thema „Die Geschichte der Bücher und Bibliotheken“ passten. Bei der Lesung im September 2022 lag der Fokus vor allem auf dem gewaltigen Einschnitt, den das Jahr 1066 in den Bereichen Sprache und Gesellschaft in England gemacht hat, auf dem Vorher-Nachher, der Ruhe vor dem Sturm und der Umwälzung, die in jenem Jahr begann und erst Jahrhunderte später zu Ende sein sollte. Dementsprechend habe ich Abschnitte vorgelesen, die in einer völlig anderen Reihenfolge im Buch vorkommen, aber logisch so in das Grundgerüst der Lesung passten. Ein kurzer Satz zur Situierung der Szene im Roman reicht hier völlig aus. Bei Der Krieger des Königs etwa bin nach dem Hinweis auf die drei Schlachten von 1066 direkt mit einer Schlachtenszene eingestiegen: „Tauchen wir in die erste Schlacht ein, in die Oswulf als junger, nicht ausgebildeter Krieger geht.“

Tipp 7: Mitbringsel fürs Publikum

Jeder mag kostenlose Geschenke, vor allem, wenn sie mit der eigenen Leidenschaft zu tun haben. Also greif in Deine Marketing- und Sales-Schublade und bring Deinem Publikum etwas mit, das sie an die Lesung erinnern und/oder Deinen Autorengeldbeutel (langfristig) füllt: Lesezeichen, Autogrammkarten, gedruckte Leseproben, Business Cards, … – und natürlich Bücher, wenn nicht der Veranstalter der Lesung einen Büchertisch für Dich organisiert. Die kannst Du dann direkt verkaufen, und vielleicht bitten Dich sogar einige Zuhörer, das Buch zu signieren. Was könnte schöner sein?

Physische Bücher hatte ich bei der Lesung im September aus rein praktischen Gründen nicht dabei – wir waren im Urlaub, und ich hatte keine Lust, eine Kiste mit Büchern dort hin- und womöglich auch wieder zurückzuschleppen. Dafür waren aber die mitgebrachten Lesezeichen im Nu vergriffen, und der Veranstalterin der Lesung habe ich eine gedruckte Ausgabe der Vorgeschichte Der Weg des Schwertes für die Gemeindebibliothek zur Verfügung gestellt, die sich Interessierte als kleinen Appetithappen für die gesamte Reihe ausleihen können.

Das wichtigste Mitbringsel bei einer Lesung bist allerdings Du: Dein Wesen, Dein Enthusiasmus für Dein Buch und Deine Geschichte, Deine Freude am Vorlesen und Erzählen, Dein Spaß am Kontakt mit Deinen Lesern. Das bindet Dich bei einer Lesung mehr an Dein Publikum als alles andere.


Dr. Birgit Constant


Birgit Constant ist promovierte Mediävistin, hat elf Sprachen gelernt und sich in Übersetzung, IT und PR herumgetrieben, bevor sie in der Buchwelt landete.

Sie schreibt historische Romane für Sprachbegeisterte, die geschichtlich und sprachlich ins Mittelalter eintauchen wollen, und hat einen Ratgeber für Nachwuchsautoren veröffentlicht, die mit deutscher Bürokratie und Buchmarketing kämpfen.

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